Bei jedem Atemzug spür ich, wie meine kranken Augenlider zittern / War die Dosis doch nicht stark genug, oder war’s das nun? Bin ich so weit, dass ich auch nie wieder fit werd? / Dabei folgte ich doch - Wort für Wort - den Ärzten und Apothekern / Nahm die Mittel ein genau wie die Norm das fordert für Herz und Magen und Seele / Doch es wurd nicht besser, nein, es wurd nur schlimmer, und jetzt lieg ich hier und sterbe / Denn der Wurm, der Fresser, und des Wurmes Kinder wollen, dass ich zur Notierung werde / Im Totenbuch der Stadt, der Gemeinde der Menschen, derjenigen Lebensform / Die mich schon lange so satt hat, mich eigentlich bereits gänzlich vergessen wie eben das Wort / Atemzüge, ein und aus, langsam und erquicklich / Waren’s genügend, die rein und rauskamen, oder warum sonst erstick ich? / Warum halt ich sie nicht, lass meinen Körper erkalten, mit den alternden Gebeinen / Lausche den Zellen wie sie hörbar verwalten, sich spalten und vereinen / Unermüdliche Nanomaschinen, die ihren Zweck niemals hinterfragen, nur dienen / Niemals den Faden verlieren, und dennoch, weiß ich, werden sie bald erst lahm dann versiegen / Angesichts meines Schicksals komm’ mir wieder die Tränen, und ich weine bitterlich / Diese quacksalbernden Wichser können mir nix mehr erzählen, denn sie verstehen Eines sicher nicht
Ich bin krank, unheilbar krank
Schon in der Kindheit umgab mich immer dieses Gefühl von unsagbarer Schwere / Wie damals erwach ich auch heut jeden Morgen, weil ich den Schlag auf den Sargnagel höre / Damals schon war klar, dass ich unheilbar, unweigerlich todgeweiht / Es war halt so, dass ich hustete, zitterte, eigentlich wohnte in mir das Leid / Allergien gegen fast alles, Ausschlag, Asthma und diese pochenden Schmerzen / Anzeichen für Tumore, Krebs in Hirn, Darm, Hoden, Knochen, meinem Herzen / Letzteres Organ sowieso verwachsen, ganz sicher, auch wenn laut Katheter / Ein besseres Format selten gesehen wurde, hah, ich reiße mein Hemd auf dann seht ihr / Schon allein an der Haltung meiner verkümmerten Gestalt, die schwer atmend vibriert / Besonders im Kontext des sie umgebenden Raumes, der ebenso armselig wirkt / Ein kleines Bett – zerwühlt und dreckig, davor ein Fernsehgerät / Ich leide täglich und wenn ich müde bin, zapp ich, und seh gern wie’s der Welt so geht / Auch ihr geht’s nicht gut – ein kleiner Trost – in dem Albtraum, den ich lebe / Ich ersehne den Tod, schon lange, kein Wunder bei dem Abschaum, den ich jeden / Tag hier sehe, den ich noch nie ausstehen konnte wie das Aussehen der bunten Pillen, die ich täglich schlucken muss / Und darum spuck ich Frust in die Nierenschale, ich will nie wieder klagen und mach mit dem Finger am Trigger zuckend Schluss
credits
from Nich zu fassen,
released September 12, 2007
Produziert von Flügelmann